Dienstag, 8. Dezember 2015

Kommen - Gehen - Bleiben

Immer so am Ende eines Jahres neigt man (jedenfalls ich) dazu, noch mal auf das Jahr zurück zu blicken. Und so geht es mir gerade wieder und ich muss feststellen, dies war ein Jahr des Kommens, Bleibens und des Gehens. Es war sicherlich nicht mein bestes Jahr, bei weitem aber auch nicht mein schlechtestes.

Ich bin in diesem Jahr, mal wieder, sehr reich geworden...an Erfahrungen. Durch Begegnungen mit Menschen. Durch Situationen, die einem widerfahren sind oder die man selbst herbei geführt hat. Und ich stelle fest, das Leben ist ein einziges Lernen und Wachsen. So habe ich auch an mir selbst gelernt und das ist immer noch das Sinnvollste.

Gekommen sind neben den Erfahrungen auch alte liebgewonnene Erinnerungen und mit den Erinnerungen auch alte Freunde. So gab es einen aufregenen Sommer, voll an nostalgischen Gefühlen und am Ende dieses Jahres stelle ich fest, dass nostalgische Erinnerungen deshalb so nostalgisch sind und mit einem Glitzer umgeben, weil sie nunmal eine alte wichtige Zeit widerspiegeln. Aber - eben alt und nicht wieder in die Gegenwart zu holen.
Daraus hervor gegangen ist dennoch eine neue (alte) Freundschaft, die mein Leben bereichert und für die ich sehr dankbar bin.

Aus eigenem Antrieb kam auch der neue Job ins Leben, für den ich nunmehr über ein halbes Jahr gebraucht habe, um mit ihm Frieden zu schließen. Ich denke aber, so langsam gelingt mir das. Denn dieser neue Job bringt neben den Dingen über die ich mich ärgere (womit ich aber ja jetzt aufhöre), auch wieder ganz wunderbare Erfahrungen und vor allem ganz wunderbare Menschen in mein Leben. Ein Thema (Demenz) was sonst jeder nur all zu gern zur Seite schiebt, ist plötzlich ganz präsent und - trotz allen Schwierigkeiten - vielleicht habe ich in keinem Job so viel und so herzlich gelacht, wie in diesem. Und auch wenn das Thema Tod nun eine ganz zentrale Rolle in meinem Leben spielt, lerne ich selbst daraus sehr viel für mich selbst.

Gegangen sind neben dem alten Job, den ich mit all seinen Macken, den Chefs und vor allen den unglaublichen Kollegen so sehr geliebt habe (ein bisschen Abschiedsschmerz darf sein), zwei wesentliche Bestandteile meines Lebens. Dieses Jahr hat mich leider Großeltern-los gemacht. Nun gibt es an enger Familie (und hier gehe ich mal nur von blutsverwandt und wirklich zentral vor Ort aus) nur noch drei Mitglieder meiner Familie und mich. Und das ist schon erschreckend. Dieses Weihnachten wird das erste, seit ich denken kann, ohne meine Oma Frieda. Und ich weiß nicht, wie das überhaupt funktionieren soll. Aber so gehört auch das Gehen zu unserem Leben und was bleibt sind tausend großartige Erinnerungen.

Bleiben tut ebenso die Familie. Nicht nur diese drei, sondern auch die dazu gewachsene mit Freund, Schwägerin, Neffe, Katzen und Hund (es gab auch mal so komische lebende Stöcke, aber die hatte ich nicht so lieb gewonnen). Was bleibt, sind die guten Freundschaften. Die neuen aber vor allem auch die alten, in denen man es sich nicht übel nimmt, dass man eigentlich immer viel zu wenig Zeit füreinander hat und sich viel zu selten sieht und hört. Und in denen man dennoch glückliche Ereignisse wie Hochzeiten und Schwangerschaften, neue Jobs und Traumwohnungen sofort miteinander teilt.

Geblieben ist vor allem auch die Erkenntnis, dass man immer an sich selbst glauben muss. So oder so. Dann ist das Leben gar nicht mehr so schwer....



Montag, 23. November 2015

Was bleibt ...

In einer Zeit , in der uns allen nicht nur unser eigenes Leben voll mit Problemen und Schwierigkeiten sondern auch die Schrecken dieser Welt und all das Leid der anderen in den Knochen steckt , ist es um so wichtiger wertvolle Momente zu schätzen.

Ein Mensch der nur anhand eines banalen Profilbildes weiß, was in dir vorgeht. Und dazu noch ein Mensch , den man gar nicht oft sieht.  "Seelenverwandt halt" war die Antwort auf meine Bewunderung darüber , wie das erkannt wurde.

Oder eine Karte eines eigentlich fremden Menschen  (ein Angehöriger einer kürzlich verstorbenen Bewohnerin bei der Arbeit) , der sich bedankt , dass ich bei ihrem Abschied dabei war. Und mir schreibt: bei unseren kurzen Begegnungen - sie strahlen schönes aus!

Eine Freundschaft , die aus einer irrsinnigen Situation entstanden ist , aber ohne die ich nicht mehr sein möchte.

Das Konzert , bei dem kleine Momente (eine Frau schreit in die Stille voller Freude "das ist mein Lied ") einem eine Gänsehaut bescheren.

Familie , Freunde , gute Momente ... das eigene und auch das Leid der Welt ist dadurch nicht verschwunden... aber vielleicht für einen Augenblick leichter zu ertragen...


Montag, 2. November 2015

Daaani, mein Pudding mit Sahne

Zwischen Haasenscheiße und rostigen Nägeln als Flaschenöffner. Oder morgens, wenn der Kater mich umbringt und sie mir den Obstteller bringt.

Nachts allein im Wald oder treu in Krankenhagen.

Still nebeneinander weinen , laut miteinander lachen.

Daaani, mein Pudding mit Sahne ;-)


... und manchmal drehen wir uns im Kreis ;-) 


Sonntag, 25. Oktober 2015

Zu bleibt zu

Es gibt da dieses Zitat. "...wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere". 

Manchmal, da stehste aber im Flur und alle Türen sind fest verschlossen. Die Tür, die sich öffnete und hinter der du deine Träume und Wünsche entdeckt hast, ist langsam und leise wieder zugefallen. Die Tür, die du verlassen hattest, hast du versehentlich hinter dir so fest zugeschlagen, dass sie verschlossen bleibt. Zurück zu gehen, kannst du dir eh nicht mehr vorstellen, aber hier stehen bleiben kannst du auch nicht. 

Und nun stehst du da, hast keinen Schlüssel und blickst auf verschlossene Türen. Nicht weiter wissen, weder vor, noch zurück, keine Idee haben, keine Lösung - da bringen auch all die schlauen Zitate nichts. 

So drehst du dich immer wieder und suchst nach einem Ausweg. Vielleicht weißt du auch wo du lang willst, aber verschlossen bleibt doch alles. Cheaten ist im Leben nunmal nicht drin. Entweder die Tür öffnet sich von selbst oder bleibt verschlossen...

Und was machst du dann?! 

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Apfelkuchen

Wenn das Leben dich veräppelt...mach Apfelkuchen draus!

Manchmal, immer wieder, immer öfter.... Das geht doch allen so. Ob sie es zugeben oder nicht. Im Leben haben wir alle Wünsche, Träume und Pläne. Manchmal ändern die sich. Bei manchen bleiben es immer die Selben. Aber eins, das bleibt bei jedem gleich.

Manchmal, immer wieder, immer öfter. Da sitzt man da, mit seinen Wünschen, Träumen und Hoffnungen. Und das Leben, das grinst einen dumm an und zeigt dir, dass du nichts zu sagen hast. Hier nimm, sagt es. Und du nimmst. Weil du keine Wahl hast.

Eine Wahl, die hat man immer sage ich. Außer wenn man krank oder tot ist. Aber das Leben schüttelt den Kopf und setzt noch einen drauf.

Es muss alles erst schlimmer werden bevor es besser werden kann, sage ich. Aber das Leben schüttelt den Kopf und sagt, schlimmer geht immer. Und es geht. Schlimmer.

Und manchmal, immer wieder, immer öfter, denkt man "im Ernst jetzt?!" Und das Leben nickt und grinst dich dumm an.

Ich geh Apfelkuchen backen...

Mittwoch, 30. September 2015

Es ist wie es ist ...

...oder warum es so wichtig ist , ehrlich zu sich selbst zu sein ...

Dinge passieren.  Gute, schlechte.  Uns allen.  Immer und immer wieder im Leben. Vieles davon passiert einfach so.  Einiges durch unser Zutun,  manches mit voller Absicht.

Eins bleibt immer gleich.  Es ist wie es ist!

Was ich selbst tun kann, ist die Art mit den Dingen umzugehen.  Und was ich mit dem Alter gelernt habe ist , dass es besonders wichtig ist , ganz ehrlich zu sich selbst zu sein.

Manch einem wurde das in die Wiege gelegt. Immer den Durchblick, klar der Verstand.  Andere lernen mit der Zeit dazu. Manche lernen es nie.

Ich liege irgendwo zwischen den beiden letzten.  Aber ich befinde mich wohl auf einem guten Weg. Ich kann mich heute schneller und deutlicher selbst darauf hinweisen , dass eine Situation nicht zu verändern ist oder nicht gut für mich.

Wie jeder Mensch kämpfe auch ich mit den Träumen und Hoffnungen aber mittlerweile schaffe ich es irgendwann Dinge zu trennen.  Auch wenn es immer noch einige Zeit dauert.

Sich selbst die Wahrheit vor Augen zu führen, ist auf jeden Fall das Verlässlichste in allen Situationen in denen es ist wie es ist ...

Wahrheit kann nach ihrem inneren Wesen nichts anderes sein als gut. 
[Lord G.G.N.Byron]


Montag, 14. September 2015

Ich packe meinen Koffer...

Es ist wieder soweit! Das Zigeunermädchen zieht weiter. Ganz meinem Rhythmus treu bleibend, keine drei Jahre vergangen. Es zieht mich weiter. Der zweite Umzug in dieser neuen Stadt. Der elfte Umzug in meinem (eigenständigen) Leben.

Die Wohnung hat ihre Dienste getan. Sie ist immer noch nett, aber ich kann auch ohne sie. Das werde ich sogar sehr gut, da sie doch einige Macken hat. Die kann sie behalten, meine Macken nehm ich mit.

In die Neue! Die eine alte ist. Mit hohen Decken und altem Holzboden. Und einer Badewanne. Endlich wieder! Für mich ist es deshalb auch völlig in Ordnung, dass der Sommer jetzt vorbei ist. In wenigen Wochen kann ich wieder jeden Abend eintauchen, abtauchen, wegtauchen. "Glückliche Auszeit" ist meine erste Anschaffung für die neue Wohnung. Und wenn ich in dem rotem Badeschaum liege, werde ich keinen Gedanken an die Alte verschwenden.

Warum es mich weiter zieht...? Es gab immer Gründe. Einen Freund oder dann auch Exfreund, zu hohe Nebenkosten usw. Aber eigentlich wohl, weil ich Veränderungen liebe. Nicht, dass ich es nicht zu erst mit Umstellen und Räumen versucht hätte. Aber nun ist es halt wieder so weit. Wir sind fertig miteinander.

Der einzige Haken an der Sache ist nur der lästige Umzug. Das Einpacken. Das Ausmisten. So schiebe ich es, wie die 10 Male vorher auch, vor mir her. Werde panisch, bin gestresst und drehe durch. Obwohl ich ja Übung habe. Im Weiterziehen. Im Neuanfangen.

Und deshalb stehe ich jetzt auf und packe meinen Koffer...und ne Kiste...und noch eine....

Mittwoch, 2. September 2015

Kleine Mädchen, kleine Sorgen - große Mädchen...

Gerade beim Bäcker....

Mädchen, ca. 3 Jahre, bricht gerade in Tränen aus, als ich dazu komme. Schreit und weint, läuft schon rot an. Der Papa kann die kleine nicht beruhigen. Irgendwas muss in ihrem kleinem zarten Leben gerade gar nicht stimmen.

Vater und Tochter gehen Richtung Ausgang, immer noch weinend, schreiend, der Vater beruhigend auf die Kleine einredend. Da ruft Ihnen die Bäckerin hinterher "Möchtest du einen Keks?" und hält an einer Zange einen Keks über den Tresen. Die Kleine schaut hoch, sieht den Keks und hört abrupt auf zu weinen, sie beginnt sogar zu lächeln. Lächelnd, Keks mampfend und offensichtlich wieder sehr glücklich zieht die Lütte von dannen.

Zurück bleiben die Bäckerin und ich. "Ist das noch ein schönes Alter, wo mit einem Keks alle Probleme vergessen und die Welt wieder in Ordnung ist. Man gut, dass die Kleine das noch nicht weiß", sage ich zu ihr. "Und mit zu viel Keksen werden die Probleme sogar noch viel größer", antwortet sie und wir schauen neidisch dem kleinen Mädchen hinterher....

Mittwoch, 8. Juli 2015

Was mir fehlt...

Gelassenheit.  Etwas , was mir eindeutig fehlt. Nicht nur hin und wieder oder ein bisschen.  Mir fehlt es einfach, gelassen auf all die Dinge des Lebens und all die unwichtigen Menschen zu reagieren.

Ich rege mich nicht nur auf. Nein, ich steigere mich hinein. Ich male mir in den dunkelsten Farben aus, was passieren kann, passieren wird.

Ich kriege vor dem Wochenende ein Einschreiben, ich rechne mit der Kündigung.
An meinem Auto geht etwas kaputt, ich überlege mir tagelang, wie ich es hätte verhindern können.
Ich begegne einem bösartigen Menschen und male mir aus, was er mir alles antun wird.
Mein Chef hat nen schlechten Tag, ich denke, er mag mich nicht.
Mir ist ein Stück Brot verschimmelt, ich habe tagelang ein schlechtes Gewissen wegen der Verschwendung.

Ich wünschte, ich könnte gelassener sein. Die Dinge so nehmen wie sie sind, wenn ich sie nicht ändern kann. Und manche Dinge lassen sich nunmal nicht ändern oder nicht rückgängig machen.

Sich zu ärgern (über das normale Maß hinaus) oder immer und immer wieder vorzustellen, was daraus noch alles enstehen wird, wo der Ärger noch hinführt. Ja, das führt nämlich zu nichts.

Ich übe mich jetzt in gelassen sein. Dafür benutze ich zwei Regeln.

1. Ich beherzige den guten Rat: Stell dir immer vor, was im allerschlimmsten Fall passieren könnte. Und schon sehen die meisten Probleme gar nicht mehr so groß aus.

2. Ich beginne endlich ein Buch zu schreiben, damit ich die schrägen Gedanken mal für etwas sinnvolles nutze.

Gelassene Grüße ....

"Gelassenheit kann man lernen. Man braucht dazu nur Offenheit, Motivation, ein bisschen Ausdauer und vor allem Bereitschaft, sich von den alten, eingefahrenen Bahnen zu lösen, in denen unser Denken und Handeln sich häufig bewegt. "
Ludwig Bechstein 



Donnerstag, 4. Juni 2015

Alte neue Freunde

Da war es nun.  Unser Treffen nach 20 Jahren.  Als Dani mich an der Haustür meiner Eltern abholte ,  hatte ich tatsächlich das Gefühl auf eine alte Freundin zu treffen und das obwohl wir uns kaum aneinander erinnern können.

Es ging also los und ...man waren wir aufgeregt.  Aber mal im Ernst.  Wir kamen an,  drückten uns zur Begrüßung und ich hatte nicht einmal das Gefühl irgendjemandem fremd zu sein. Wie ist das möglich? !

Ich habe schon ab und an mal probiert an alte Freundschaften anzuknüpfen. Zumeist hat das nicht funktioniert.  Man hat sich zwar ausgetauscht, aber mal im Ernst, einfach da weiter machen , wo man vor 10, 15 oder gar 20 Jahren aufgehört hat, ist doch eigentlich schier unmöglich.

Aber nur eigentlich.  Nicht so in unsrem kleinen Dorf,  in unser Wagon (Alternative Schreibeweise) Freundschaft.

Ne, da ist es auf einmal wieder völlig normal, zusammen lauthals die Hits der 90er zu schmettern mit Haggy,  oder mit Dani auf dem Weg zum Klo den neuesten Klatsch auszutauschen.  Mit Martin über alte Zeiten zu plaudern , als wenn es gestern wäre oder Sascha beim Singen zuzuhören.  Bei Phil jeden Musikwunsch los zu werden und Dennis zuzuschauen, wie er da steht kurze Hose Holzgewehr. Sich mit Sven kaputt zu lachen und natürlich Flo die Schulter zum Einschlafen zu leihen ;-)

Zu meinen Eltern hab ich noch gesagt "vielleicht bin ich früh zurück, weil wir uns nichts zu sagen haben."

Der Abend war viel zu kurz. Ich hätte meinen alten neuen Freunden noch viel zu sagen , es sind längst nicht alle Lieder gesungen und ich hoffe wir haben nicht das letzte Mal zusammen auf nem Sofa rumgechillt.

Da geht noch mehr meine Lieben!

"Der eigentliche Kern der Freundschaft : ein Glaube, ein Hoffen , ein gemeinsames Werk! Es liegt eine große Freude darin."
Anette von Droste-Hülshoff

Sonntag, 24. Mai 2015

Die Sache mit den Vorurteilen

Mein alter Chef hat immer gesagt, er kenne keinen Menschen, der mehr Vorurteile hätte als ich. Dies sagte er zwar mit einem kleinen Augenzwinkern, aber ganz Unrecht hatte er nicht. 

Ich war großartig darin. Nicht zuletzt, da ich eine unfassbar ausgeprägte Fantasie habe und mir Dinge in den schönsten Formen und Farben ausmalen kann. Und das eben auch für oder besser über andere. 

Ein paar Beispiele beschreibt diese (fragwürdige) "Fähigkeit" ziemlich genau:

Auf dem Nachhauseweg von meiner Familie (gute 50 km) über die Bundesstraße mit wenigen Stellen an denen man überholen kann, fuhr vor uns ein Auto mit ca. 60 kmh. Wir regten uns furchtbar auf, schaukelten uns hoch, schimpften und tobten. War doch schließlich meistens 100 kmh erlaubt und nur 60 zu fahren eine absolute Frechheit. Wahrscheinlich zeigte ich dem Fahrer beim überholen (was endlich irgendwann ging) noch ein freches Handzeichen... wundern würde es mich nicht 

Ein weiteres Beispiel trug sich bei meiner alten Arbeit zu. Mein Chef, meine Vorgesetzte und ich saßen vor einem Stapel Bewerbungen. Ich weiß gerade nicht mehr genau wofür, Reinigungskraft wäre denkbar. Ich hielt also die Bewerbung dieser einen Dame in der Hand, die ich - natürlich - gar nicht kannte. In ihrem Lebenslauf viel mir eine (für mich) seltsame Lücke auf. Dazu noch ein paar (für mich) merkwürdige Angaben und schon war ich mir sicher: die Dame saß mal im Knast.
Da die Lücke ziemlich groß war, war mir gleich klar, sie hatte ihren Mann ermordet oder es zumindest versucht. Die Geschichte konnte noch mit allen Absurditäten ausgeschmückt werden und wurde sie. Ok, eigentlich war es ein Spaß. Aber was glaubt ihr, wo ist die Bewerbung wohl gelandet....

Neulich bei meiner neuen Arbeit bei einer Fortbildung. Ich war erst eine Woche dort im Betrieb. Wir saßen in einer Runde mit 17 Frauen. Keine kannte ich oder hatte ich vorher je gesehen. Mir gegenüber saß Conny. Ca. 1,50 m groß und ungefähr genauso breit. Kurzes schlecht blondiertes Haar, trug Karohemden, Stil eher männlich gekleidet. Nach ihren ersten zwei Worten war mein Bild zu Conny perfekt. Das dies nicht positiv war, muss ich wohl nicht erklären.

Und zu guter Letzt ein besonders "schönes" Beispiel. 

Seit einiger Zeit haben wir neue Nachbarn im Haus. Ein junges (vielleicht albanisches - wobei das nichts zur Sache tut) Paar. Sie zogen in die Wohnung, die bisher von einer alten Dame bewohnt wurde. Die alte Dame passte immer auf alles im Hause auf. Alles hatte seine Ordnung. Sie wusste über alles Bescheid. Eines Tages hatte der Paketbote ein Päckchen (Schmuck) bei den neuen Nachbarn für mich abgegeben. Mein Liebster ging also zu den Nachbarn und die junge Frau teilte ihm mit, dass sie kein Paket für mich angenommen hätte. Als ich nach Hause kam, berichtete er mir davon und schon ging es los. Ich regte mich furchtbar über meine neue Nachbarin auf. Dann über den Paketdienst. Die Nachbarin. Den Paketboten usw. Um meiner Nachbarin noch eine Chance zu geben (und dabei fühlte ich mich unglaublich gütig) rief ich dann aber erstmal beim Paketdienst an, um nachzuforschen. Ich wusste, dass weitere Pakete dort für andere Nachbarn abgegeben wurden, vielleicht hat sich der Paketbote mit den Zetteln vertan. Beim Paketdienst wurde mir aber bestätigt, dass die neuen Nachbarn das Paket mit ihrer Unterschrift in Empfang genommen hatten. Jetzt war für mich alles klar, die neue Nachbarin wollte meinen Schmuck klauen. Was war nur aus unserem Haus geworden, wenn jetzt sogar Diebe hier wohnen. Mein Freund hielt mich aber noch etwas zurück und schlug vor, die andere Nachbarin zu fragen, die auch ein Paket erhalten hatte bzw. deren Paket auch bei den Nachbarn abgegeben wurde. Als sie die Tür öffnete und wir ihr unser Anliegen vortrugen, fing sie sofort an zu flüstern und zeigte mit dem Finger auf die Tür dieser Nachbarn.Sie war sich sicher, dass dort mehrere Pakete lagen, auch meins und jetzt wolle man es mir wohl einfach nicht geben. Ihr könnt euch vorstellen, was danach los war....

Nun zu meinen Erkenntnissen:

Der Autofahrer. 
Vor einiger Zeit waren meine Bremsen defekt. Ich war aber gut 50 km (wieder bei meiner Familie) entfernt von zu Hause. Ich musste aber noch zurück, über diese Bundesstraße, auf der man doch 100 kmh fahren kann. Konnte ich aber nicht. Kaputte Bremsen. Ich fuhr 50 kmh, höchstens 60, die ganze Strecke. 

Conny. 
Beim Mittagessen saßen wir uns gegenüber und kamen ins Gespräch. Weil das Gespräch so nett war, kamen wir 10 Minuten zu spät zur Fortbildung. Conny kam aus der Schweiz, hatte ein großes Herz, einen tollen Dialekt und ein großartiges Lachen. 

Die neuen Nachbarn.
Nach dem letzten sachdienlichen Hinweis der anderen Nachbarin war mir klar, ich werde bei den Nachbarn klingeln, sie des Diebstahls beschuldigen müssen und meinen Schmuck herausfordern. Mein inneres Gesetz schrie "Finger abhacken", falls die Frau meinen Ring tragen würde. Wir klingelten also (mein Freund war zur Sicherheit mitgekommen....nicht meiner Sicherheit) und der Mann öffnete die Tür. Ich fing also an "Ihr habt ein Paket für mich angenommen..." und bevor ich weiter sprechen konnte, nickte der junge Mann, drehte sich um und griff nach meinem Paket. "Sorry" sagte er, "meine Frau wusste nicht, dass ich das Paket angenommen hatte". 

Selten habe ich mich so geschämt, wie an diesem Tage. Und deshalb habe ich auch beschlossen, ein Leben ohne Vorurteile zu führen, es zumindest zu versuchen. Jeden Tag begegnen einem Menschen und Situationen, in denen man viel zu schnell urteilt. Und ich behaupte, in den meisten aller Fälle läge man total falsch. 

Es ist nicht richtig Menschen nach wer-weiß-was zu beurteilen und verurteilen. Wir kennen den Menschen nicht und vor allem auch nicht seine Geschichte dahinter. 

Neulich sagte jemand zu mir: Jeder benimmt sich so gut, wie er kann.

Ich denke, da ist etwas wahres dran. Unser Denken und Handeln ist ja nicht die perfekte Lösung für alles. Was für uns richtig erscheint, muss für andere noch lange nicht der richtige weg sein. Zudem tut es einem selbst nicht gut, sich ständig mit schlechten Gedanken über die Menschen zu beschäftigen. 

Und deshalb:

Es ist nie zu spät, Vorurteile abzulegen
Henry David Thoureau 

Mache dich von deinen Vorurteilen los und du bist gerettet 
Marc Aurel 

P.s. 
Die Bewerberin
Die saß doch aber sich wirklich im Knast, oder?! ;-)

Mittwoch, 13. Mai 2015

La Dolce Vita

Gerade mal 1 1/2 Wochen komme ich jetzt in den Genuss wieder einem "normalem" Leben nachzugehen.

Ich stehe um 7.30 Uhr auf, wo ich sonst die letzten 2 1/2 Jahre schon bei der Arbeit angekommen war. Und ich bin um 17 Uhr wieder zu Hause, wo ich sonst gerade erst die Arbeit wieder verlassen habe, um mich auf den langen Heimweg zu machen.

Die Arbeitszeiten haben sich zwar noch nicht richtig eingespielt und so kommt es, dass ich mal auch erst um 17.30 Uhr raus komme, aber ebenso bin ich auch schon in den Genuss gekommen um 15.00 Uhr Feierabend zu machen.

Ich saß also an einem Dienstag Nachmittag in einem Eiscafe in meiner Stadt in der Sonne und habe den restlichen Tag genossen. Sowas kannte ich in der vergangenen Zeit nur von den viel zu kurzen Wochenenden oder dem immer zu kurzen Urlaub.

Ich habe in den letzten Tagen Dinge in der Stadt erledigen können nach oder sogar vor der Arbeit, ich konnte mir sogar den ersten Fachartztermin machen lassen, ohne mir dafür einen ganzen Tag frei nehmen zu müssen.

Ich weiß, das alles klingt banal, aber für mich ist es die Zurückgewinnung meines Alltags.

...und das fühlt sich fast ein bisschen wie das süße Leben an!

Freitag, 24. April 2015

Das kann uns keiner nehmen...

Gerade ist mir etwas komisches passiert...

Vor mehr als 20 Jahren war ich Teil einer Clique bei uns im Stadtteil. Wir haben uns am Sportplatz in einem alten Eisenbahnwagon getroffen, der dort extra für die Jugend platziert war. Dieser wurde im Prinzip von Generation zu Generation weiter gegeben, auch mein Bruder hat dort schon einen Teil seiner Jugend verbracht.

Mit der Zeit - wahrscheinlich nicht unüblich - zerstreuten sich unsere Wege. Ich war, glaube ich, die letzten Male 1995/1996 dort, danach hatte ich den ersten ganz richtigen Freund und der wohnte einfach ganz woanders.

Nun hat sich einer dieser Freunde von damals gedacht, das Medium "Facebook" auch mal dazu zu nutzen, wofür es wirklich gut ist und hat Rund um diese Zeit eine Gruppe gegründet. Schnell fanden sich zahlreiche Mitglieder und es tauchten unglaubliche Bilder aus dieser Zeit auf. Nach kurzer Zeit gründeten sie sogar noch eine Whats-App Gruppe und seitdem stehen morgens auf meinem Handy meist weit mehr als 200 Nachrichten.

Worauf ich aber mit dieser kleinen Vorgeschichte eigentlich hinaus will ist folgendes:

Ich denke und habe erfahren im Leben, dass man ganz oft nur eine gewisse Zeit zusammen geht und sich dann die Dinge verändern. Das kann im Beruf so sein, in Partnerschaften und eben auch in Freundschaften. Das muss, für mein Empfinden jedenfalls, nicht immer etwas Schlechtes sein. Die gemeinsame Zeit als etwas Gutes hinzunehmen, evtl. auch nur Erfahrungen daraus zu ziehen und dann weiter zu gehen, da das Leben noch so vieles zu bieten hat, finde ich einen durchaus zufriedenstellenden Gedanken.

Ich habe glaube ich zu keinem aus dieser Jugendzeit mehr wirklichen Kontakt. Richtig gestört hat mich das bisher nie. Was jetzt aber wirklich seltsam ist, ist, dass es sich gerade so anfühlt, als hätte ich erst gestern das letzte Mal die Tür zum Wagon zugeschlagen und würde einfach heute meine Freunde wieder sehen. Mit manchen von Ihnen habe ich mehr als 20 Jahre kein Wort gewechselt, bin ihnen nie über den Weg gelaufen. Bei manchen musste ich sogar erstmal überlegen, wer sie überhaupt sind...

Offensichtlich war genau diese Zeit eine sehr prägende Zeit im Leben. Gerade zwischen 12 und 16 Jahren findet man seine Eltern eher mal doof (Mum, Pepsi - ich liebe Euch ;-) ) und die Freunde sind die eigentlich Familie.

Und wenn ich jetzt im Moment - und wir haben uns noch nicht mal im Real-Life wieder gesehen, da das Treffen noch bevor steht - mit diesen Menschen schreibe und mich austausche, habe ich nicht mal annähernd das Gefühl, dass dazwischen zwei Jahrzehnte liegen.

Das überrascht mich, aber vor allem rührt es mich ungemein. Und in diesen Zeiten, wo alles hektisch und stressig ist und jeder sein Päckchen zu tragen hat, ist es ein großartiges Gefühl, gedanklich den Wagon zu betreten, sich auf ein schäbiges Sofa zu setzen, die Dose Karslquell aufzumachen und mit meinen Freunden eine Runde Uno zu spielen und über das Leben zu reden, welches damals noch so jung und frei war...

Schön, dass Ihr wieder da seid!!




Mittwoch, 15. April 2015

Und jedem Anfang...

"...Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,Um sich in Tapferkeit und ohne TrauernIn andre, neue Bindungen zu geben.Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben..."

...schrieb schon Herman Hesse. 

Und da ich es ebenso sehe, begebe ich mich mal wieder auf die Reise in einen neuen Abschnitt, meinem neuen Lebensrufe. 

In wenigen Tagen beginne ich meinen neuen Job. Und ich freue mich sehr, vor allem, da ich nun endlich mein "Leben" wieder bekomme. Statt nämlich von morgens um 6 Uhr bis abends um 19 Uhr unterwegs zu sein, fahre ich jetzt einfach läppische 15 Minuten zur Arbeit und dazu arbeite ich sogar noch ein paar Stunden weniger. 

Meiner Heimatstadt kehre ich damit in einem weiteren Punkt den Rücken. Was mich überhaupt damit noch verbindet sind meine Familie, einige Freunde und manch liebgewonnene Erinnerung. Dafür komme ich in meiner neuen Heimat noch ein Stück mehr an und das ist ein gutes Gefühl.

Auch wenn Hesse schreibt, man solle sich in Tapferkeit und ohne Trauern in neue Bindungen geben, sind diese letzten Tage für mich schwer. Ich habe in den drei Jahren nicht nur sehr viele fantastische Kollegen gehabt sondern auch echte Freundschaften geschlossen. Diese Menschen nicht mehr jeden Tag zu sehen und mit ihnen viel Freude und auch Ärger zu teilen, macht mich schon ziemlich sentimental. 

Dennoch ich geh` da weiter mit Hermann:

"...Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen..."


"...Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!"